Montag, 26. Dezember 2016

Mein wunderschöner Weihnachtstraum




Mein wunderschöner Weihnachtstraum

(c)Hans-Gerd Steiner


Ein herrlicher Abend, kein Lüftchen weht, kein Geräusch stört den lautlosen Frieden.
Vereinzelt schweben dicke Schneeflocken in der windstillen Luft langsam zur Erde. Sie legen sich sanft auf die kahlen Bäume und Sträucher und geben ihnen einen weißen Mantel. Der Schnee verbreitet ein unwirkliches Licht und verzaubert damit die ganze Landschaft.
Ich spüre die Kälte nicht und ich weiß nicht, ob dies an meinem dicken Mantel und der Pudelmütze liegt oder an der friedlichen Wärme, die durch den Schnee ausgestrahlt wird.

Auf einer Bank mache ich gerade soviel Platz vom Schnee frei, dass ich mich setzen kann.
Die Sterne am Himmel strahlen mich an und nur ab und zu wird unser Kontakt von einer kleinen, vorbei schwebenden Wolke unterbrochen.

Und dann die Sternschnuppe, eine Sternschnuppe am Heiligen Abend! Ich darf mir etwas wünschen, wie in meinen Kindertagen vor Weihnachten. Ob der Wunsch in Erfüllung geht?
"Ich wünsche mir, dass ich noch einmal Weihnachten als kleiner Junge erleben darf, wenn diese Zeiten auch längst vorbei sind!"

Langsam werde ich müde und mein Kopf neigt sich auf die Brust. Die Augen fallen mir zu.

Was ist das? Ein kleiner Bengel bettelt meine Mutter an, sie möge ihm doch sagen, ob der Weihnachtsmann ihm ein paar Schlittschuhe bringen würde? Was hat der mit meiner Mutter zu tun?
Und dann beschäftigt mich die Frage auf einmal so sehr, dass ich mich in dem kleinen Jungen wieder erkenne.
"Mama, sage doch einmal, du hast doch sicher mit dem Weihnachtsmann gesprochen", versuche ich es wieder.
Meine Mutter lächelt nur und streicht mir sanft über den Kopf.
"Wenn ich es dir sage, dann bringt der Weihnachtsmann mir nichts", antwortet meine Mutter.
Trotz meiner Not höre ich auf zu fragen und gehe auch brav ins Bett, als meine Mutter mich ermahnt. Sogar Zähne putzen und waschen vergesse ich nicht, denn der Weihnachtsmann bringt nur artigen Kindern etwas.
Wenn ich auch immer wieder die Augen offen halten möchte, es war so ein aufregender Tag, dass ich bald mit vor Aufregung glühenden Wangen einschlafe.
Und dann das Erwachen!

Mami, Papi und meine ältere Schwester warten schon auf mich. Flugs will ich an ihnen vorbei zum Weihnachtsbaum, aber da hat mich mein Vater schon am Wickel.
"Willst du, dass der Weihnachtsmann dein Geschenk wieder abholt", fragt er?
Stimmt ja, da hätte ich mich gestern abend ja gar nicht so sauber zu waschen brauchen, oder?
Nun ja, sicher ist sicher. Also noch einmal. Vor lauter Aufregung vergesse ich nachzurechnen, für welche Zeit das denn ausreicht.
Endlich stehe ich in der Reihe meiner Familie und wir betreten das Wohnzimmer.
Hell brennen die Wachskerzen am Baum und wir singen ein Weihnachtslied.
Obwohl es ja nicht sein darf, taxiere ich die Päckchen unter dem Baum und schätze ab, welches eventuell die Schlittschuhe sein können.
Papi ist gemein und teilt zuerst meiner Schwester ihre Geschenke aus.

Aber dann komme ich. Im ersten Paket ist ein warmer Pulli von Mama. Um ihr zu zeigen, wie sehr er mir gefällt, ziehe ich ihn sofort an und gebe ihr einen Kuß. Sie strahlt und freut sich beinahe mehr über meinen Kuß als ich über den Pulli.
Und dann kommt ein schweres Päckchen, es sind die heiß ersehnten Schlittschuhe.
Ein Traum geht für mich in Erfüllung und so glücklich bin ich noch nie gewesen!

"Hallo, hallo, wachen Sie doch endlich auf. Nein, der hat keinen Tropfen getrunken, nur etwas unterkühlt, wie mir scheint!"
"Sicher so ein Obdachloser, Herr Doktor, wer setzt sich denn sonst bei dem Wetter nachts auf eine Bank?"
"Also, nein, bei den Temperaturen um keinen Preis, Schwester!"
"Auch nicht um die Erfüllung eines Traumes", frage ich die beiden und rolle mich von der Trage herunter.
Sie schauen sich verblüfft an!

Ich bin in einem großen, sehr hellen Raum und eine weiß gekleidete Schwester und ein Mann im weißen Kittel stehen neben meiner Trage.
"Und jetzt fahren Sie mich wieder da hin, wo Sie mich hergeholt haben", sage ich zu den Sanitätern des Krankenwagens, "damit ich nach Hause gehen kann, meine Frau macht sich sicher schon Sorgen!"
"Gut, Opa, aber erst müssen wir die Papiere ausfüllen, sonst kriegen wir kein Geld von der Kasse".
"Nun, für meine Fahrt in meine Jugend brauchte ich nicht soviel Papiere auszufüllen, da genügte mein Wunsch", sage ich.

Die Fahrer, die Schwester und der Arzt schauen mich an.
"Sie sind aber wirklich ganz dabei", fragt der Arzt zweifelnd?
"Um mich brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, aber Ihr jungen Leute solltet Euch Sorgen um Euch machen, Ihr wisst gar nicht, wieviel schöne Zeit Eures Lebens Ihr mit dem Formularkram da verplempert!"
"Etwas bekloppt", flüstert der eine Sanitäter dem anderen zu und sagt dann laut: "Aber, weil Weihnachten ist, bringen wir Dich nach Hause."

Bekloppt, wenn die wüssten, denke ich, was ich erlebt habe, werden die nie erleben, trotz Handy, Internet, Fernsehen und Flugreisen!

Ein schönes Weihnachtsgeschenk
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen